Mit dem derzeit heißdiskutierten Freihandelsabkommen, das zwischen der EU und den USA ausgehandelt wird, verbinden die meisten in der Regel Vorzüge und Nachteile beim Handel. Weniger jedoch im Bereich der Gesundheit und Pflege. Dabei könnte, geht es nach Kritikern aus den medizinischen Fachrichtungen, das Freihandelsabkommen auch große Auswirkungen auf unser Gesundheitssystem haben. Mit einem Handelsabkommen wären auch die europäischen Gesundheitsthemen viel direkter in einem globalen Kontext zu betrachten. Eine klare Positionierung der EU zu diesen Themen fehlt jedoch bis heute. Es bleibt aber grundsätzlich festzuhalten, dass ein Freihandelsabkommen zwischen Europa und den USA mit Sicherheit eine große Chance für beide Seiten ist. Unterschiedliche Positionen in Kern- als auch in Unterthemen sollten dennoch klar herausgestellt werden. Ein Freihandelsabkommen soll nicht nur die Zollgrenzen als solches abschaffen, sondern auch weitere Handelshindernisse vereinfachen und regulieren. Neben dem Konsumenten- und Umweltschutz, steht eben auch der Gesundheitsschutz dabei im Fokus. Hierbei geht es vor allem darum, eine Gratwanderung zwischen dem wirtschaftlichen Nutzen und den recht unterschiedlichen Schutzbestimmungen zu erreichen.
Freihandelsabkommen und die Anerkennung von Zulassungen
Im Gesundheitsbereich geht es ferner auch darum, das Medizinprodukte und Arzneimittel bei einer Zulassung gegenseitig ohne Hürden anerkannt werden. Werden hierbei aber die Rahmenbedingungen nicht abgesteckt, birgt die gegenseitige Anerkennung auch Zündstoff. Immerhin unterscheiden sich die Zulassungsregularien in Europa mit denen der USA. So stellt sich vor allem die Frage, welche Rolle künftig die national unabhängigen Prüfungsbehörden spielen sollen. Wichtiger aber als Arzneien sind die Dienstleistungen im medizinischen Bereich. So ist zum Beispiel schon heute zunehmend unmöglich, zwischen Produkten und Prozessen in der Medizin zu unterscheiden. Immer öfters werden Medikamente zu diagnostischen oder therapeutischen Tools eingesetzt. Neben den unterschiedlichen Auffassungen und Handhabungen bietet das Freihandelsabkommen aber auch die Möglichkeit voneinander zu lernen. So hätte vor allem die USA die Möglichkeit, sich den europäischen Werten wie Solidarität und dem gleichberechtigten Zugang zu einer guten Gesundheitsversorgung anzunähern. Das schließt insbesondere die altersbedürftige Pflege mit ein. Immerhin ist die Alterung der Bevölkerung nicht nur ein Problem der EU-Staaten, sondern in Zügen auch in den USA zu erkennen. Solidarität und Gemeinschaft sind Grundmanifeste in den EU-Wohlfahrtsstaaten.
Gleichfalls hätten wir Europäer die Möglichkeit von den USA beim Freihandelsabkommen zu lernen. Dort ist der „open-access“ schon lange Wirklichkeit. Wir hingegen leiden häufig unter der individuellen Zustimmung der Datennutzung. Grundsätzlich wird es aber dazu kommen, dass auf beiden Seiten, insbesondere im Gesundheits- und Pflegebereich Kompromisse geschlossen werden müssen. Von dem hohen derzeit in Deutschland geltenden Standard werden wir uns auf Dauer verabschieden müssen. Es wird vor allem zu einer größeren Privatisierung in den Kernsektoren wie Gesundheit und Bildung kommen.
Probleme mit Generika
Ein weiterer Kritikpunkt in den Punkten zum Freihandelsabkommen bezieht sich auf die versteckten Punkte, die sich vor allem auf Investitionen der Biotechnologiefirmen beziehen, die zum Beispiel Krebsprodukte herstellen. Diese könnten künftig deutlicher geschützt werden, womit auch Generikahersteller, die also wesentlich günstiger unter Umständen eine identische Qualität herstellen könnten, vom Markt ferngehalten werden. Damit könnte es zum Beispiel bei Krebsmedikamenten zu höheren und oft unbezahlbaren Preisen kommen. In den Freihandelsabkommen mit den USA bzw. mit Kanada sollen künftig nur noch die jeweiligen Hersteller ihre Medikamente vertreiben dürfen. Generika sind damit ausgeschlossen. Die Zahlen verdeutlichen den Unterschied. Während die Pharmafirmen teilweise für eine 1-Jahresbehandlung bei einem Patienten 100.000 US-Dollar für Medikamente einstreichen, können generische Mittel bereits für einen kleinen Bruchteil hergestellt werden. Eine indische Firma hat ein entsprechendes Generika vor kurzem auf den Markt gebracht, das gegen Nieren- und Leberkrebsleiden helfen soll. Das Originalmittel kostet 4.580 US-Dollar. Das generische hingegen 140 US-Dollar. Die USA wollen beim Freihandelsabkommen ein fünfjähriges Exklusivrecht für Medikamente und 8 – 12 Jahre für Biotech-Präparate erzielen. Was einige als Todesstoß für arme Patienten bewerten, kann aber auch durchaus Sinn machen. Immerhin verschlingt die Forschung und Entwicklung oft unvorstellbare Summen. Danach folgt das Zulassungsverfahren, das sich ebenfalls über viele Jahre zieht.- Erst Jahre später nach der Zulassung lässt sich mit einem solchen Medikament überhaupt Gewinn erzielen, der wiederum in neue Forschungen fließt. Produzenten von Generika umgehen jedoch genau dieses Risiko und setzen sich sprichwörtlich ins gemachte Netz, ohne dass sie dabei ein großes unternehmerisches Risiko eingehen.
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